Der Donaulimes in Österreich
Vor 2000 Jahren erstreckte sich eine gewaltige Grenzanlage durch Österreich, sie überwachte die Donau als Aussengrenze des "Römischen Weltreiches".
Noch heute finden sich bei uns viele Spuren dieser antiken Grenze.
Im 1. Jahrhundert n. Chr. begann Rom mit dem Bau dieser Grenzanlagen. Bei uns in Österreich verlief die Außengrenze entlang der Donau.
Römische Millitäranlagen überwachten den Donaulauf, zwischen den Kastellen lagen auch viele Wachtürme, sie kontrollieren das nördliche Ufer der Donau.
Von den einstigen Wachturmanlagen sind heute nur noch wenige bekannt, eine davon stand bei uns in der Nähe von Maria Ponsee.
Manche Türme wurden nach der römischen Zeit weitergenutzt und sind heute Bestandteil jüngerer Bauten, wie in Zeiselmauer, Tulln, Traismauer und Mautern.
Durch die rege Bautätigkeit an manchen Orten wurde viel von diesem reichen antiken Erbe unwiederbringlich zerstört. Vor Errichtung eines Neubaus müssen
diese Denkmäler zwar durch Notgrabungen untersucht werden, aber danach sind diese historischen Zeugen der Vergangernheit für immer verloren.
Die Europäische Union und die UNESCO haben den Wert dieser Grenzanlagen anerkannt. Während die Europäische Union den Schutz, die Erforschung und die Präsentation
der römischen Grenzen fördert, hat die UNESCO bereits zwei Grenzabschnitte, denn "Hadrianswall" im Norden Englands und den "Rätischen Limes" in Deutschland, zum Weltkulturerbe erklärt.
Auch die Initiativen in Österreich gehen in diese Richtung. Denn gerade in Österreich gibt es noch viele sichtbare Monumente (Carnuntum, Tulln, Mautern usw.)
die schützenswert sind.
Zahlreiche kleinere und größere Museen (wie Zwentendorf) entlang des Limes präsentieren interessante Zeugen aus dieser Zeit und führen der Öffentlichkeit vor Augen,
wie faszinierend die römischen Grenzanlagen noch heute sind.
Die wenigen Überreste aus der antiken Vergangenheit gilt es zu schützen, dann können auch zukünftige Generationen diese reiche Kulturlandschaft bewundern und erforschen.
Die Erforschung des Kastells ASTURIS in Zwentendorf
Seit mehr als hundert Jahren wurden im Gemeindegebiet von Zwentendorf Befestigungsanlagen römischen Ursprungs vermutet. Noch 1876 bestanden Reste eines mächtigen gemauerten Rundturmes unweit des Ortes im "Weingartl". Wegen vereinzelter Münzfunde glaubte man an einen versteckten Schatz, denn der Sage nach sollte hier ein einst herrliches Schloß gestanden haben, in dem Ort Krottendorf. Später sprengte man die noch vorhandenen Mauerreste mit Dynamit um das Gelände landwirtschaftlich nutzen zu können (Weingarten).Erst 1895 beschrieb der Zwentendorfer Lehrer A. Zündel das spätere Grabungsgelände. Es bestand noch ein kreisrunder Erdwall ca. 2m hoch und 3-5m breit. Als man beim Bau der Straße nach Bärndorf Münzen fand, die aus den 2. Jahrhundert stammten, vermutete man schon in diesem Limesabschnitt ein römisches Kastell. Nach der TABULA PEUTINGERIANA (römische Straßenkarte) war auch dessen Name "Piro Torto" bekannt. Aber man ging diesem archäologischen Funden nicht weiter nach, denn die mittelalterlichen Mauerreste in Pischelsdorf hielt man damals für römischen Ursprungs. Somit gerieten die Forschungen Zündels in Vergessenheit.
Einem Amateur-Archäologen war es vorbehalten, den Spuren vergangenen Zeiten nachzugehen. 1952 entdeckte Ing. Kurt Hetzer bei Restaurierungsarbeiten an der Pfarrkirche römische Reliefsteine. Nach Messung der Entfernung zwischen Tulln (Comagenis) und Traismauer (Augustinis), lokalisierte er "Piro Torto" nach der Tabula Peutingeriana eben beim Weingartl, 1 km westlich von Zwentendorf. Seiner initiative ist es zu danken, daß sich die NÖ. Landesregierung zu einer archäologischen Untersuchung entschloß. In Grabungen von 1953 bis 1962 wurde das "Weingartl" auf seinen römischen Ursprung hin erforscht. Erst viel später stellte sich heraus, daß hier keine römische Straßenstation "Piro Torto" gefunden wurde, sondern ein römisches Kastell, dessen Name nach neuesten Forschungen mit ziemlicher Sicherheit ASTURIS ist.
Es wurden 3 Lagerperioden des Kastells gefunden. Es bestand ein Erd- od. Holzkastell ca. 40 bis 80 n. Chr.. Ein erstes Steinkastell von 370 n. Chr. bis ins 5. Jahrhundert. In einer späteren Siedlungsperiode wurden die römischen Lagerbauten durch slawische Gräberfelder überlagert. Nach der Aufarbeitung dieser drei Lagerperioden kam die Archäologin Frau Dr. Herma Stiglitz zu folgenden Erkenntnissen:
Ca. 40 bis 80 nach Chr. bestand ein Erd- oder Holzkastell mit der Größe von ungefähr 150x100 Meter. Das Lager war von einem fast 7 Meter breiten und 2m tiefen Graben und einem Wall von Palisaden umgeben. In der Süd- und Westfront konnte ein 8m breiter Eingang nachgewiesen werden. Im inneren bestanden die Bauten aus Holz in denen Reste eines Kettenpanzers, Münzen und ein Faß mit Getreidekörnern (heute im Museum Zwentendorf ausgestellt) geborgen wurden.
Ca. 80 bis 370 n. Chr. entstand an der Stelle des Erdkastells das erste Steinkastell, im Ausmaß von 190x120 Meter von einer bis 1,50 Meter dicken Mauer umgeben, mit in den Ecken eingebauten Wachtürmen und umgeben von Donauwasser gespeisten Befestigungsgräben. Zum Südtor führte eine 8 Meter breite Straße über eine Landbrücke. Die einzelnen Bauwerke waren als Fachwerkbauten errichtet und teilweise mit schweren Estrichböden und Fußbodenheizung ausgestattet. Dieses Lager wurde dann aber durch Feuer zerstört. Ob die bald nach dem Brand durchgeführten Bauarbeiten auf Feindeinwirkung zurückzuführen sind (Markomannenkriege im 2. Jahrhundert) konnte nicht nachgewiesen werden.
Ca. 370 bis 5. Jahrhundert n. Chr. ist die größte Bauphase und grundlegende Änderung in der Regierungszeit von Kaiser KONSTANTIN erkennbar. Das Lager erhielt nun in den Ecken mächtige fächerförmige Türme und am südlichen Eingang einen mächtigen Torvorbau von 12 Meter Länge. Alle neuen Wehrbauten besaßen eine Mauerstärke bis zu 2 Meter und waren außerordentlich gut vermauert. Hier wurden erstmals in Österreich die Fächer- und Hufeisentürme festgestellt. Wiederherstellung der Innenbauten und Bau neuer Gebäude mit Heizanlagen, Terrazzoböden und Wandmalereien, die Dächer waren mit Ziegel gedeckt. Ziegelstempel geben auch Aufschluß über die stationierten Truppen. An Fundstücken aus dieser Periode fand man eine überlebensgroße Statue des Kaisers, Münzen und Teil eines Brustpanzers mit Einlegearbeiten in Kupfer und Silber, der sich heute im Römermuseum in Tulln befindet.
Im Ostteil des Kastells fand man auch ein Frühgeschichtliches Gräberfeld, das zu dem abgekommenen Ort Krottendorf gehörte und durch Münzfunde in das 10. Jahrhundert datiert wurde. Es handelte sich um eine christliche Begräbnisstätte der Slawen. Es war zu dieser Zeit das größte zu untersuchende Gräberfeld Österreichs. In der 1. Hälfte des 11. Jahrhunderts folgt die Zerstörung des Kastells und des Ortes Krottendorf. In diese Zeit fällt auch die Gründung einer Pfarre und Siedlung 1 km stromabwärts, im heutigen Zwentendorf (erste Nennung eines Pfarrherrn um 1147).
Im Rahmen eines FWF-Projektes in den Jahren 2001 und 2002 wurde das südwestliche Areal des Kastells, sowie Flächen westlich, südwestlich und südlich geophysikalisch (Georadar) untersuchT. Die Messungen hatten das Ziel, die unbebauten Flächen (9,8 ha) als Vergleich zu Vicusbefunden in Mautern/FAVIANIS und anderen Orten heranzuziehen. Die Interpretation ergab eine 6,5 m breite Stichstraße, die aus dem Südtor führte, und weitere Nebenstraßen; es schloss sich eine Siedlungsstruktur an, die eine deutliche Parzellierung aufwies. 280m südlich des Lagertores lassen sich Grabbauten in kleineren Abschnitten als rechteckiges oder quadratisches Mauerwerk erkennen, die entlang der Stichstraße situiert sind.
Bilder von den Ausgrabungen der 50er Jahre - Turm und Befestigungsmauern.